Für viele ist sie die Krönung der persönlichen alpinistischen Karriere. Für Roger Schaeli liegt die Nordwand des Eiger fast vor der eigenen Haustür. Er hat sie auf vielen Wegen durchstiegen. 2008, 70 Jahre nach der Erstdurchsteigung, eröffnet er zusammen mit seinem Team-Kollegen Christoph Hainz „Magic Mushroom“ im rechten Wandteil (7c+, 20 SL). Ein Jahr später gelingt ihm zusammen mit Robert Jasper die erste freie Begehung der berühmten Japaner Direttissima (8a, 41 SL). Im Hochwinter 2011 schreibt der sympathische Schweizer Bergführer ein weiteres Kapitel seiner ganz persönlichen Eiger-Nordwand-Biographie. Zusammen mit dem Südtiroler Bergführer Simon Gietl durchsteigt er am 9. Februar 2011 die Heckmair-Route. Vier Stunden und 25 Minuten benötigen die beiden Profi-Alpinisten und Athleten des SALEWA alpineXtrem Teams für den über 4km langen Weg durch die 1650m hohe Nordwand. Dabei stellen sie den bisherigen Rekord von Ueli Steck und Bruno Schäppli (5:03h) aus dem Jahr 2010 ein und eröffnen einen neuen Speed-Team-Rekord am Eiger.

Roger Schaeli - Archivfoto Bild: Salewa
„In den vergangenen Tagen hatte ich ziemlich viel um die Ohren und konnte das tolle Hochdruckwetter nicht nutzen,“ grinst Roger nach gelungenem Durchstieg am Nachmittag des 09. Februar. Zudem ist er die beiden Tage zuvor in München unterwegs und absolviert auf der weltgrößten Sportartikelmesse ISPO einen Geschäftstermin nach dem anderen. Ursprünglich ist auch der Mittwoch noch als Messetag geplant.
Hochdrucklage: am Barometer und im persönlichen Energieniveau
„Dabei staute sich Energie auf, die ich einfach ausleben musste“, erläutert Schaeli schelmisch weiter. Kurzer Hand bespricht er sich mit seinem Sponsor SALEWA und seinem Teamkollegen Simon. Beide recken die Daumen nach oben. Ab jetzt zählt jede Minute. Bereits am späten Dienstag Abend treffen sich Roger und Simon in Grindelwald. Materialcheck, alles in Ordnung. Dann: eine kurze Nacht.

Christoph Hainz- Archivfoto Bild: Salewa
Punkt 09:00h, Mittwoch morgen. Simon aktiviert die Stoppuhr seines Zeitmessers und die beiden starten am Wandfuß. 35 Minuten später stehen sie bereits am Stollenloch. Die gute Spur ermöglicht Roger und Simon ein sehr schnelles Steigen. Die Verhältnisse: geradezu ideal für eine Winterbegehung. Das haben natürlich nicht nur die beiden Profis bemerkt. Insgesamt überholen Schaeli und Gietl auf ihrem Run Richtung Gipfel sechs Seilschaften.
„Wir entschuldigten uns immer so höflich wie möglich bei den überholten Bergkameraden“ erinnert sich Simon, der mit Roger nicht nur auf Speed zu klettern, sondern auch um die Wette zu grinsen scheint.
Doch nicht nur im Vergleich zu den anderen Seilschaften merken Schaeli und Gietl, dass sie heute schnell, sehr schnell unterwegs sind. Bereits am 4. Januar hatten die beiden einen Speed-Versuch gestartet. Doch die Verhältnisse sind heute viel besser als vor 5 Wochen. Und irgendwie haben sie auch mehr Erfolg dabei, ihre Motivation in Höhenmeter umzuwandeln. „Im Götterquergang habe ich Simon regelrecht angefeuert. Go, go, go hallte es durch die Wand!“ berichtet Roger.
Dann ein letzter Führungswechsel. Wie in Trance klettern Roger und Simon. Der Schweizer fixiert das Seil am Cortibiwak, der Südtiroler erreicht es blitzschnell und löst es genau rechtzeitig, damit beide simultan weiterklettern können. Am Einstieg des Gipfeleisfelds bindet sich Simon dann aus und beide starten den Endspurt in höchstmöglichem Tempo.
Um 13:25h drückt Simon zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Knopf seiner Stoppuhr. Es ist vollbracht. Ein neuer Team-Rekord am Eiger steht. Und eine weitere unvergessliche Berggeschichte ist geschrieben. Wie ein Vorwort für die geplante Expedition Richtung Arwa Spire, Himalaya. Simon und Roger starten am 25. April 2011. Wir dürfen gespannt sein.
Bilder & Quelle: Salewa
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